“Bin ich hier wirklich in Italien? Im Jahr 2022?”
… Denke ich mir nicht nur einmal, wenn ich durch die engen Gassen der mittelalterlich anmutenden Bergdörfer laufe und mir weit und breit keine Menschenseele begegnet, erst recht keine touristische. Auf den engen und teils abenteurlichen Straßen durch die Berge des Abruzzischen Apennins kommen mir auch mehr Pferde und Schafe als Autos entgegen, Zäune sind hier offenbar nicht sehr verbreitet. Sogar in den märchenhaften Wäldern begegnen mir ständig frei lebende Pferde, vom dort ebenfalls lebenden Wolf und Bär entdecke ich aber leider nur Spuren.
In diesem Blogpost habe ich dir meine Erfahrungen und Tipps für einen Wander- und Abenteuerurlaub mit Hund zusammengefasst. Denn wer unberührte Natur und einsame Wildnis sucht, ist hier genau richtig. So wie Charlie und ich also.
Aber erstmal ein paar Hard Facts über die Abruzzen: dabei handelt es sich um eine Region in Mittelitalien, etwa auf der Höhe von Rom, aber östlich gelegen. Von den Bergen im Landesinnern, alten Bergdörfern, urigen Wäldern, original deftig-italienischem Essen bis zu den langen Adriastränden bietet die Region erstaunlich viel, dafür, dass sie touristisch relativ unbekannt ist. Knapp ein Drittel der Gesamtfläche steht unter Naturschutz und die Abruzzen beherbergen gleich mehrere Nationalparks. Die bekanntesten Bewohner sind wohl der Wolf und der Marsikanische Braunbär.
Als jemand, der in Italien bisher nur die Toskana, Rom und Venedig kannte, ein kleiner Kulturschock, aber ein positiver! Englisch spricht hier fast niemand, aber unterhalten klappt trotzdem mehr oder weniger irgendwie. Charlie war immer wilkommen, meiner Erfahrung nach ist Italien generell ein sehr hundefreundliches Land. Wir sind entweder in Agriturismos oder Ferienwohnungen untergekommen. Allerdings ist die Einstellung zu Hunden in den Abruzzen etwas rustikaler, sodass die meisten einheimischen als Hofhunde, oft auch im Zwinger, leben. Das ein oder andere Mal ist es deshalb vorgekommen, dass sich uns ein fremder Hund für ein kurzes Stück zum Spazieren angeschlossen hat, von Herrchen oder Frauchen weit und breit keine Spur.
Gestartet bin ich nahe der Stadt Norcia im “Parco Nazionale dei Monti Sibillini” (der eigentlich nicht in den Abruzzen liegt, sondern in Umbrien/ Marken). Hier hatte ich allerdings ziemlich Pech mit dem Wetter, sodass ich von der Gegend leider nicht allzu viel gesehen habe. Dafür habe ich aber im Restaurant meines charmant-rustikalen Agriturismo die leckersten selbstgemachten Nudeln mit Trüffelsoße gegessen, eine lokale Spezialität. Beeindruckend war auch die Hochebene bei Castelluccio, auch wenn das Dorf selbst noch immer vom schweren Erdbeben im Jahr 2009 beschädigt ist. Überhaupt sind die Folgen des Erdbebens in vielen Orten noch sehr präsent.
Der nächste Stopp war der “Parco Nazionale del Gran Sasso e Monti della Laga” und nach den einsamen und düsteren Tagen im letzten Agriturismo brauchte ich dringend etwas Abwechslung und Stadtleben! Die nächste größere Stadt ist L’Aquila, die Hauptstadt der Abruzzen und den Besuch auch wert, ein halber Tag reicht aber.
Und auch wenn hier fast jedes der kleinen, urigen Bergdörfer einer Postkarte entsprungen sein könnte, eines der schönsten ist wohl Santo Stefano di Sessanio. Aber Achtung: hier leben mehr Katzen als Menschen. Im Gegensatz zu anderen Dörfern wie beispielsweise San Gimignano in der Toskana ist die Zeit in den Abruzzen auch wirklich stehen geblieben und nicht nur für die Touristen aufgesetzt. Mein Tipp: Nachmittags Santo Stefano di Sessanio und von dort aus ist es nicht weit, um den Sonnenuntergang an einem der schönsten Plätze in ganz Italien anzuschauen: am Rocca Calascio! Einer auf einem Berg gelegenen Burgruine mit einem einfach atemberaubenden Blick über die umligenden Gipfel. Ich glaube, die Fotos sprechen für sich, dieser Ort ist einfach magisch und ein absolutes Must-See. Die Anfahrt ist allerdings etwas schwierig und nicht gut ausgeschildert. Ich habe am Ende einfach die Burg selbst als Ziel ins Navi eingegeben und bin eine schmale Serpentinenstraße hochgefahren, die zwar nicht aussieht, als ob man hier wirklich an einer bekannten Sehenswürdigeit auskommt, an der oben aber einige Parkplätze sind.
Eine der schönsten Wanderungen habe ich durch die “Gole di Aielli-Celano” unternommen, der Weg führt durch eine tiefe Felsschlucht und endet an einer idyllischen Quelle im Wald. Komoot hatte mir einen Tümpel mit Wasserfall versprochen, am Ende war es ein kleines Rinnsal, dass von den Felsen tropft. Aber schön war’s trotzdem. Trottsicherheit und feste Schuhe sind bei dieser Tour aber ein Muss, ich hatte teilweise schon Sorge, mit Charlie umkehren zu müssen, weil der Weg durch die Schlucht nur aus Geröll besteht und die Bezeichnung “Weg” eher übertrieben ist.
Mein letztes Ziel war Pescasseroli im “Parco Nazionale d’Abruzzo Lazio e Molise”, DER Ort, um Wildtiere zu sehen. Eigentlich. Aber dafür ist Charlie leider vielleicht auch einfach nicht die optimalste Begleitung. Wenn ihr von Norden kommt, unbedingt auf dem Weg dorthin am Lago di San Domenico halten, so ein leuchtend türkis-blaues Wasser habe ich selten gesehen.
Direkt von Pescasseroli aus starten viele Wanderwege in die umliegenden Wälder und Berge. Besonders schön fand ich das Gebiet süd-westlich von Pescasseroli, das bei Maps “Faggeta Vetusta coppo del principe” heißt. Wir sind erst lange durch einen wunderschönen, verwunschenen Wald gelaufen bis auf einen der Gipfel mit traumhaften Rundumblick. Und zwar mitten in einer Herde frei lebender Pferde, die uns vorher im Wald schon fast umgerannt hätten. No Joke, bei der ersten Begegnung dachte ich noch, ich seh nicht richtig.
Die Wege sind alle gut ausgeschildert, was auch dringend nötig ist, um sich in dieser weitestgehend unberührten Natur nicht zu verirren. Hier erschreckst du dich schon fast, wenn dir plötzlich ein anderer Wanderer begegnet.
Insgesamt habe ich leider nur knapp eine Woche und damit viel zu wenig Zeit in der Region verbracht. Ich möchte unbedingt nochmal im Sommer wiederkommen und mich auf Bären- und Wolfssuche begeben!
Fotografin für Hundefotografie, Pferdefotografie, Tierfotografie aus Hattingen im Ruhrgebiet. Buchbar in Essen, Bochum, Düsseldorf, Dortmund, im Ruhrgebiet, Bergischen Land und ganz NRW.
2023 | Svenja Stumpe Fotografie // Design: Eva Siebenhaar